Noch sind die Herausforderungen der Energiewende nicht umfassend gemeistert, doch schon rollt die nächste Welle heran. Längst hat die Digitalisierung alle Lebensbereiche erfasst. Angefangen bei Dingen wie dem Smartphone, ohne dass wir uns unser Leben nicht mehr vorstellen können. Und da sind all die kleinen smarten Helfer in unseren Fahrzeugen und in der Haustechnik, die das Leben angenehmer machen. Unsere Welt ist smart geworden. Dabei steht diese Entwicklung erst am Anfang. Digitalisierung und Energiewende bringen für die Energieversorgung einen beispiellosen Veränderungsprozess mit sich, der sich in einer bisher nicht gekannten Geschwindigkeit vollziehen wird. Damit einhergehen wird eine radikale Veränderung des gesamten Marktumfeldes. Erwartet wird, dass Internetkonzerne und Konzerne aus anderen Branchen in den Energiemarkt drängen. Die Energieversorger und damit auch die Stadtwerke sind daher gefordert, den Entwicklungen vorzugreifen und neue Geschäftsmodelle zu erarbeiten.
Auf Einladung der SWK Stadtwerke Kaiserslautern diskutierten am 13. April 2016 Experten über das sehr komplexe Thema der Digitalisierung in der Energieversorgung. Bürgermeisterin Dr. Susanne Wimmer-Leonhardt begrüßte im Kulturzentrum Kammgarn die Gäste. Sie betonte, dass ein Thema wie die Digitalisierung der Stadt Kaiserslautern wie auf den Leib geschrieben sei. Die Technische Universität und die renommierten Forschungseinrichtungen hätten Kaiserslautern den Ruf einer IT-Hochburg eingetragen.
In seiner Eröffnungsrede erklärte Markus Vollmer, Vorstandsmitglied der SWK Stadtwerke Kaiserslautern, dass die Energiewirtschaft vor einer Revolution stünde. Die Digitalisierung der Energieversorgung sei ein Thema, das alle angehe, da sie unser aller Leben verändern werde. In diesem Veränderungsprozess komme der Informations- und Kommunikationstechnologie eine entscheidende Rolle zu. Künftig werde sie immer mehr aus ihrer Unterstützerrolle heraustreten und völlig neue Geschäftsmodelle und Produkte möglich machen.
Prof. Dr.-Ing. Konrad Mußenbrock, vom Lehrstuhl Erneuerbare Energien und Energiemanagement an der Hochschule Aschaffenburg, verknüpfte die beiden großen Herausforderungen der Energiewirtschaft. Er ging in seinem Vortrag der Frage nach, inwiefern leistungsfähige Informationssysteme die Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende sind. Unser Stromsystem sei so ausgelegt, dass Erzeugung und Verbrauch sich die Waage halten müssten. Der steigende Anteil der erneuerbaren Energien drohe dieses Gleichgewicht zunehmend zu stören. Daher sei ein neues Leitbild notwendig. Die Verbraucher müssten zu flexiblen und angebotsorientierten Nutzern werden. Damit ein solches System funktionieren könne, müssten künftig Erzeuger und Verbraucher sowie alle Marktteilnehmer über Informations- und Kommunikationstechnologien verbunden sein. Grundlage hierfür seien intelligente Stromnetze und Zähler.
Prof. Dr.-Ing. Aaron Praktiknjo, Experte für Energieressourcen- und Innovationsökonomie, beleuchtete die Voraussetzungen für einen angebotsorientierten Verbraucher. Die Kosten für Rechnerkapazitäten, Berechnungen und Speicherkapazitäten seien in der Vergangenheit drastisch gefallen und befänden sich weiter im Sinkflug. Das ermögliche eine Erhebung großer Datenmengen, die mit dem Schlagwort Big Data bezeichnet würden. Dabei seien drei Kennzeichen von Bedeutung: die sehr große Menge, die hohe Geschwindigkeit in der Erzeugung und Verarbeitung der Daten sowie die Ungeordnetheit der Daten aus ganz unterschiedlichen Quellen. Damit ermögliche Big Data künftig eine individuelle Versorgung der Kunden und eine Optimierung der Energiesysteme. Dabei gäbe es auch Risiken. Energiesysteme würden vermehrt zum Angriffsziel für Hacker.
Prof. Dr. Dr. Dieter Rombach, Institutsleiter für Business Development am Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern, untersuchte Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle im Energiebereich durch die Digitalisierung. Nachdem es in der ersten Phase der Energiewende um den Ausbau der erneuerbaren Energien gegangen sei, seien jetzt Energieeffizienz, intelligente Systeme und Innovationen gefragt. Die digitale Transformation sei der Mega-Trend. Hier werde die physikalische Welt mit der digitalen Welt vernetzt. Energieversorger könnten diesen Trend zur Optimierung der existierenden Geschäftsmodelle einsetzen. Neue Geschäftsmodelle könnten sich mit der Elektromobilität verwirklichen lassen. Bei allen Chancen gelte es auch, die Risiken im Auge zu behalten, insbesondere bei Datensicherheit und Datenschutz. Über die Möglichkeit neuer Geschäftsmodelle entscheide letztendlich der Grad der Vernetzung.
Nach den Fachvorträgen und der von Holger Wienpahl, SWR, geleiteten lebhaften Podiumsdiskussion, bedankte sich Richard Mastenbroek, Vorstandsmitglied der SWK Stadtwerke Kaiserslautern, bei den Referenten und dem Moderator für die skizzierten Herausforderungen, mögliche Szenarien und vielfältigen Denkanstöße. Nach einem Resümee der Vorträge stellte er fest, die Lösungen seien so vielfältig wie die Energiewirtschaft selbst. Die SWK wird in der Region dabei eine führende Rolle übernehmen und dürfen nicht alles auf eine Karte setzen. Dabei gelte es, mit allen Marktteilnehmern zu kooperieren und vor allem den Kunden auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. Die Digitalisierung der Energiewirtschaft mit ihrer Geschwindigkeit und Flexibilitätsanforderung wird die Unternehmen in allen Wertschöpfungsstufen maßgeblich prägen.
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